Die Berufung wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger auch für den zweiten Rechtszug zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger beanspruchen Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in Verbindung mit dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).

Der im Jahr 1974 in Urosenac (heute: Serbien und Montenegro) geborene Kläger zu 1) ist der Vater des im Jahr 1996 in Prestina (Serbien und Montenegro) geborenen Klägers zu 2). Beide Kläger gehören der Volksgruppe der Ashkali aus dem Kosovo an.

Die Kläger reisten zusammen mit der Ehefrau des Klägers zu 1) und Mutter des Klägers zu 2) im August 1996 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Ihr Aufenthalt wird seitdem von der zuständigen Ausländerbehörde geduldet. Die Ehe des Klägers zu 1) mit seiner Ehefrau ist inzwischen geschieden (Urteil des Gemeindegerichts in Urosenac vom 15. Juni 2000).

Die Kläger beziehen mit Wirkung ab 7. August 1998 Leistungen nach dem AsylbLG. Nach Ablauf des vorangegangenen Bewilligungszeitraums bewilligte die Samtgemeinde G. durch Bescheid vom 21. Dezember 2004 den Klägern mit Wirkung ab 1. Januar 2005 Grundleistungen nach § 1 AsylbLG in Verbindung mit § 3 AsylbLG einschließlich der Kosten der Unterkunft, der Heizkosten und Nebenkosten in Höhe von insgesamt 708,22 EUR. Hiergegen legten die Kläger unter dem 5. Januar 2005 Widerspruch ein und beantragten Leistungen nach § 2 AsylbLG. Den Widerspruch wies der Landkreis H. durch Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2005 als unbegründet zurück. Die Kläger gehörten zur Minderheitengruppe der Ashkali aus dem Kosovo. Eine Rückführung in Zusammenarbeit mit der UNMIK sei zurzeit für diese Minderheitengruppe ausgesetzt. Es bestände indes die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise, die sowohl in das Kosovo als nach Serbien und Montenegro erfolgen könne.

Hiergegen haben die Kläger am 17. Januar 2005 Klage erhoben. Ebenso wie die Angehörigen anderer Minderheitengruppe aus dem Kosovo müssten die Ashkali weiter geduldet werden. Das Unterlassen einer freiwilligen Ausreise sei nicht als "Rechtsmissbrauch" im Sinn der Regelung des § 2 AsylbLG zu bewerten. Dies folge in erster Linie aus der Gesetzesbegründung zu der Neuregelung des § 2 Abs. 1 AsylbLG sowie aus Art. 16 der Richtlinie 2003/9/EG vom 27. Januar 2003 zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten. Eine Rückkehr in das Kosovo oder auch in andere Landesteile von Serbien und Montenegro sei für sie unzumutbar.

Durch Urteil vom 7. Juli 2005 hat das Sozialgericht (SG) Hildesheim die Beklagte verurteilt, an die Kläger mit Wirkung ab 1. Januar 2005 unter Anrechnung bereits erbrachter Leistungen nach §§ 1, 3 AsylbLG sowie § 2 AsylbLG Leistungen nach § 2 AsylbLG in Verbindung mit dem SGB XII zu erbringen. Der Verbleib der Kläger im Bundesgebiet sei nicht rechtsmissbräuchlich im Sinn von § 2 AsylbLG. Ein Rechtsmissbrauch in diesem Sinne liege nur dann vor, wenn der Ausländer seine Rückführung verhindere beziehungsweise zu verhindern versuche, indem er entweder aktiv bestimmte Maßnahme ergreife, z. B. durch Vernichtung des Passes oder durch passives Verhalten ausdrücklichen Mitwirkungspflichten zuwiderhandele, wie es z. B. bei der Angabe einer unrichtigen Identität der Fall sei. Weil der Beklagte selbst aufgrund der derzeitigen Erlasslage keine Rückführung von Minderheitenangehörigen in das Kosovo vornehme, nutzten die Kläger lediglich die für sie günstige, vom Beklagten zugelassene Situation, dem derzeitigen Absehen von der Abschiebung, aus. Dieses Verhalten erfülle nicht die Voraussetzungen der Annahme von Rechtsmissbrauch. Im Übrigen sei fraglich, ob für die Kläger eine freiwillige Rückkehr in das Kosovo zumutbar wäre. Schließlich folge aus dem Umstand, dass die Zustimmung zur Rückführung erst nach einem individuellen Prüfverfahren von der UNMIK erteilt werde, dass von der generellen Zumutbarkeit der Rückkehr derzeit nicht ausgegangen werden könne.

Gegen das am 3. September 2005 zugestellte Urteil führt der Beklagte am 22. September 2005 Berufung. Soweit die Gesetzesbegründung als rechtsmissbräuchliches Verhalten beispielhaft die Vernichtung des Passes oder die Angabe einer falschen Identität nenne, dienten diese Beispiele in erster Linie der Feststellung der Ausreisepflicht. Die Ausreisepflicht der Kläger dieses Verfahrens sei indes bereits festgestellt. Der Umstand, dass diese Pflicht bisher nicht zwangsweise durchgesetzt worden sei, bedeute nicht, dass diese Pflicht nicht bestehe. Die Ausreisepflicht sei von den Klägern auch dann zu beachten, wenn sie nicht zwangsweise durchgesetzt werde. Die genannte Richtlinie 2003/9/EG vom 27. Januar 2003 sei auf die Kläger nicht anwendbar, da diese Richtlinie lediglich für Asylbewerber gelte. Die Kläger seien indes keine Asylbewerber im Sinn der Richtlinie, weil ihr Asylantrag bereits abgelehnt worden sei. Daher könne die Richtlinie in Bezug auf die Kläger nur eingeschränkt zur Auslegung des § 2 AsylbLG angewandt werden. Die in der Richtlinie genannten Fälle, in denen gewährte Vorteile entzogen werden könnten, seien zudem nicht abschließend geregelt. Diese Richtlinie beziehe sich nur auf bereits gewährte Vorteile. Die Kläger verlangten zusätzlich zu den bereits gewährten Vorteilen, den Leistungen nach §§ 1 und 3 AsylbLG, weitere Vorteile, nämlich die Leistungen nach § 2 AsylbLG. Diese würden von Art. 16 der Richtlinien nicht erfasst. Im Verhalten der Kläger liege ein Verstoß gegen Treu und Glauben, weil sie die Vereinbarung mit der UNMIK ausnutzten, bis Mai 2005 keine zwangsweise Rückführung durchzuführen. Mit dieser Verpflichtung habe die Bundesrepublik Deutschland jedoch die Ausreisepflicht selbst nicht suspendiert. Im Übrigen komme es auf die Zumutbarkeit einer Rückkehr nicht an. Selbst wenn man diesen Umstand mitberücksichtige, ändere dies nichts am rechtsmissbräuchlichen Verhalten der Kläger, weil ab Mai 2005 Ashkali wieder in das Kosovo zurückgeführt werden könnten. Eine unzulässige Rechtsausübung sei indes auch dann anzunehmen, wenn demjenigen, der sich auf ein Recht berufe, im selben Zusammenhang die Verletzung eigener Pflichten zur Last falle. So liege es hier, weil die Kläger Leistungen verlangten, die nur durch einen - zwangsweise - längeren Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland gerechtfertigt seien, obwohl eine Ausreise nach Serbien und Montenegro möglich sei. Der Verstoß gegen die Ausreisepflicht begründe hier also eine staatliche Leistungspflicht. Dieses Verhalten verstoße gegen den Sinn und Zweck des § 2 AsylbLG. Schließlich handele es sich bei der Ausnutzung der Duldung nicht um die Nutzung einer Rechtsposition, weil die Duldung kein Aufenthaltstitel sei, sondern aufgrund der Duldung werde die Abschiebung nur vorübergehend ausgesetzt. Der Aufenthalt der Kläger im Bundesgebiet sei illegal. Dieser werde indes nicht mit Zwangsmitteln beendet. In der Ausnutzung dieser Duldung liege die Rechtsmissbräuchlichkeit.

Der Beklagte beantragt schriftlich,

das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 7. Juli 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen schriftlich,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidern, ein rechtsmissbräuchliches Verhalten im Sinn des § 2 AsylbLG könne nur angenommen werden, wenn der Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland subjektiv vorwerfbar sei. Dies sei indes dann nicht der Fall, wenn der Ausländer für sein weiteres Verbleiben im Bundesgebiet vertretbare Gründe habe. Diese lägen immer dann vor, wenn einer Rückkehr in die Heimat berechtigte Bedenken entgegenständen. So liege es bei der Situation der Minderheiten im Kosovo, vor deren etwaiger Rückführung eine gründliche Prüfung der Rückkehrmöglichkeiten erforderlich sei. Dieser Umstand lasse darauf schließen, dass die Situation der Minderheiten im Kosovo schwierig zu beurteilen sei. Im Übrigen beziehen sie sich auf die Rechtsauffassung des erkennenden Senats zu § 2 AsylbLG.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Prozessakte Bezug genommen. Neben den Verfahrensakten des Berufungsverfahrens liegen die die Kläger betreffende Prozessakte des Eilverfahrens zum Az: S 34 AY 2/05 ER / L 7 AY 9/05 ER des SG Hildesheim /LSG Niedersachsen-Bremen sowie die die Kläger betreffenden Leistungsakten (Bände I und II) vor.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet mit Zustimmung der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung.

Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG Hildesheim hat den Beklagten zu Recht verurteilt, den Klägern mit Wirkung ab 1. Januar 2005 Leistungen nach § 2 AsylbLG zu bewilligen.

Nach § 2 AsylbLG ist das SGB XII abweichend von den §§ 3 bis 7 AsylbLG auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 36 Monate Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Minderjährige Kinder, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Haushaltsgemeinschaft leben, erhalten Leistungen nach Abs. 1 nur, wenn mindestens ein Elternteil in der Haushaltsgemeinschaft Leistungen nach Abs 1 erhält (§ 2 Abs. 3 AsylbLG). Diese Anspruchsvoraussetzungen liegen für die Kläger vor. Die Kläger haben Leistungen nach § 3 AsylbLG über eine Dauer von mehr 36 Monaten bezogen; insoweit besteht zwischen den Beteiligten Übereinstimmung. Streitig ist zwischen den Beteiligten allein, ob die Kläger die Dauer ihres Aufenthalts rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Die mit Wirkung ab 1. Januar 2005 in Kraft getretene Neuregelung des § 2 Abs. 1 (Art. 8 Nr. 3 des Gesetzes vom 30.07.2004 – BGBl I 1950) knüpft hinsichtlich der Bestimmung über die Folgen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens an die Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten an (Amtsblatt der Europäischen Union vom 06.02.2003 – L 31/18). In Art. 16 der Richtlinie, der die Einschränkung oder den Entzug der im Rahmen der Aufnahmebedingungen gewährten Vorteile regelt, werden Formen von "negativem Verhalten" zusammengefasst, die auf nationaler Ebene eine Einschränkung der Leistungen erlauben (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung vom 10.01.2003 zu der Neuregelung des § 2 Abs. 1 AsylbLG – BR-Drucks 22/03 S. 296). Sinn dieser Änderung des AsylbLG ist es, den Anreiz zur missbräuchlichen Asylantragstellung weiter einzuschränken, was schließlich zu einer Reduzierung der Anträge und damit insgesamt zu einer Verfahrensbeschleunigung führen soll (Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung vom 10.01.2003, aaO, S. 295).

Anders als bei der bis zum 31. Dezember 2004 geltende Regelung des § 2 Abs. 1 AsylbLG, wonach eine leistungsrechtliche Besserstellung dann in Betracht kam, wenn sowohl einer freiwilligen Ausreise als auch dem Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen entgegenstehende Gründe vorliegen mussten, ist nach der Neuregelung des § 2 Abs. 1 AsylbLG entscheidend, ob die Dauer des Aufenthalts rechtsmissbräuchlich beeinflusst wurde. Insbesondere aus dem Wortlaut der Regelung aber auch aus ihrem o. g. Zweck ist zu schließen, dass es dabei auf die gesamte Dauer des Aufenthalts des Ausländers im Bundesgebiet und nicht etwa nur auf die Dauer des Aufenthalts nach rechtskräftiger Ablehnung des Asylantrags ankommt (so bereits der Beschluss des Senats vom 19. 08.2005 - L 7 AY 12/05 ER -).

Die Kläger haben die Dauer ihres Aufenthalts in Deutschland nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst im Sinn des § 2 Abs. 1 AsylbLG. Der Aufenthalt der Kläger in Deutschland wurde geduldet, weil sie zu den Angehörigen der Minderheit der Ashkali gehören (vgl. Rd. Erlasse des Nds. Ministeriums für Inneres und Sport vom 25.06.und 23.09.2004). Ab Mai dieses Jahres ist eine Rückführung dieser Minderheitenangehörigen in das Kosovo allerdings möglich (Rd. Erlass des Nds. Ministeriums für Inneres und Sport vom 03.05.2005) Insofern unterscheidet sich die Situation dieser Minderheitenangehörigen von der der Roma, deren Rückkehr in das Kosovo derzeit aus tatsächlichen Gründen nicht möglich ist; es besteht lediglich die Absicht der UNMIK zu prüfen, ob die Rücknahme von bundesweit 70 nicht schutzbedürftigen Roma-Straftätern in Betracht kommt (Rd.Erl. v. 03. 05. 2005). Demgegenüber wird die freiwillige Ausreise in das Kosovo auch für Roma für möglich gehalten.

Der Umstand, dass die Kläger sich weigern, von der nach Auffassung der Ausländerbehörde bestehenden freiwilligen Ausreisemöglichkeit Gebrauch zu machen, beeinflusst zwar die Dauer ihres Aufenthalts in Deutschland. Dies geschieht indes nicht in rechtsmissbräuchlicher Weise.

Im Asylbewerberleistungsgesetz sind die Voraussetzungen, unter denen rechtsmissbräuchliches Verhalten im Sinn des § 2 Abs. 1 AsylbLG anzunehmen ist, nicht ausdrücklich geregelt. Daher ist der in der Regelung des § 242 BGB niedergelegte und das gesamte Rechtsleben beherrschende Grundsatz, dass jedermann in Ausübung seiner Rechte und Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln hat (Palandt/Heinrichs, § 242 Rdnr. 1 m. w. Nachw.) für die Auslegung des Begriffs des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens im Sinn der genannten Regelung nutzbar zu machen. Treu und Glauben bilden eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung. Die gegen § 242 BGB verstoßende Rechtsausübung oder Ausnutzung einer Rechtslage ist als Rechtsüberschreitung missbräuchlich und unzulässig. Der Rechtsmissbrauch kann dabei individuell oder institutionell erfolgen. Welche Anforderungen sich aus Treu und Glauben ergeben, lässt sich nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls entscheiden.

Ob ein Verhalten eines Ausländers als rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Dauer des Aufenthalts zu werten ist, ist demnach unter Berücksichtigung des Zwecks der Regelung zu entscheiden. Weil die Regelung nach dem offenkundigen Willen des Gesetzgebers die Regelung des Art. 16 der "Richtlinien" umsetzen soll, ist diese zur Auslegung des § 2 Abs. 1 AsylbLG heranzuziehen (Hohm, Leistungsrechtliche Privilegierung nach § 2 Abs. 1 AsylbLG S. 2005, NVwZ 2005 S. 388 f, 389); dies gilt nach Auffassung des Senats auch hinsichtlich der Leistungsberechtigten, deren Asylverfahren bereits abgeschlossen ist, wie dies bei den Klägern der Fall ist. Nach Art. 16 Abs. 1 Buchst a) können die Mitgliedstaaten die im Rahmen der Aufnahmebedingungen gewährten Vorteile einschränken oder entziehen, wenn ein Asylbewerber ohne Genehmigung der zuständigen Behörde seinen zugewiesenen Aufenthaltsort verlässt, seinen Melde- und Auskunftspflichten nicht nachkommt oder wenn er im gleichen Mitgliedstaat bereits einen Antrag gestellt hat. Daraus ist zu schließen, dass ein rechtsmissbräuchliches Verhalten im Sinn des § 2 Abs. 1 AsylbLG immer dann anzunehmen ist, wenn das Verhalten erkennbar der Verfahrensverzögerung und somit der Aufenthaltsverlängerung dient, wobei es im Hinblick auf den Zweck der Regelung, missbräuchliche Asylantragstellungen einzuschränken auf die generelle Eignung des zu beanstanden Verhaltens zur missbräuchlichen Beeinflussung des Aufenthalts ankommt.

Weitere Auslegungskriterien für die Entscheidung der Frage rechtsmissbräuchlichen Verhaltens sind unter rechtsystematischen Gesichtspunkten zudem der Regelung des § 1a AsylbLG zu entnehmen. Diese Regelung sieht Leistungseinschränkungen im Falle leistungsmissbräuchlicher Einreiseabsichten und missbräuchlicher Verhinderung aufenthaltsbeendender Maßnahmen aus vom Leistungsberechtigten zu vertretenden Gründen vor (Hohm, a.a.O., 390).

Dies zugrunde gelegt, ist der Verzicht der Kläger auf eine freiwillige Ausreise nicht als rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Dauer ihres Aufenthalts zu werten. Zwar sind die Kläger zur Ausreise verpflichtet, weil sie keinen Aufenthaltstitel besitzen (§ 50 Aufenthaltsgesetz). Durch die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung) ist es den Klägern jedoch erlaubt, sich - vorübergehend - trotz bestehender Ausreisepflicht in der Bundesrepublik Deutschland aufzuhalten, weil der Vollzug der Ausreisepflicht zeitweilig ausgesetzt ist. Die Kläger haben aufgrund der Duldung eine wenn auch unsichere Rechtsposition erlangt. Unter Duldung ist daher ausländerrechtlicht mehr als nur die durch tatsächliches Verwaltungshandeln zum Ausdruck gelangte Billigung eines rechtswidrigen Zustands zu verstehen (Renner, Ausländerrecht, 8. A. 2005, § 60a Rdnr. 12ff). Allein die Nutzung dieser Rechtsposition, wie dies die Kläger tun, kann ein rechtsmissbräuchliches Verhalten nicht begründen, wenn die Dauer des Aufenthalts nicht auf rechtlich oder tatsächlich zu beanstandendem Verhalten des Ausländers beruht. Hierfür bestehen im Fall der Kläger keine Anhaltspunkte. Anders läge es z. B. dann, wenn der Aufenthalt aufgrund falscher Angaben im Asylverfahren oder die nicht eingehaltene Zusage, freiwillig ausreisen zu wollen, verlängert worden oder die Frist für die Aussetzung der Abschiebung bereits abgelaufen wäre. Dies ist hier indes nicht der Fall.

Legt man die in Art. 16 Abs. 1a der "Richtlinien" genannten Voraussetzungen für die Einschränkung oder Entziehung der gewährten Vorteile als Auslegungskriterien zugrunde, das heißt Verstöße gegen Aufenthalts-, Melde- und Auskunftspflichten, gelangt man zum gleichen Ergebnis. Bei den dort genannten, rechtsmissbräuchliches Verhalten begründenden Umständen, handelt es sich jeweils um Verstöße gegen rechtliche Regelungen. Das Gleiche gilt hinsichtlich der in § 1a AsylbLG genannten Voraussetzungen. Davon zu unterscheiden ist, wie soeben ausgeführt, die Nutzung einer Rechtsposition, wie dies bei der Nutzung der Duldung durch die Kläger der Fall ist.

Liegen demnach die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 AsylbLG im Fall der Kläger mit Wirkung ab 1. Januar 2005 vor, haben diese ab diesem Zeitpunkt Anspruch auf erhöhte Leistungen entsprechend den Regelungen des SGB XII.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abse. 1 und 4 SGG.

Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG im Hinblick auf die Auslegungen des Begriffs der rechtsmissbräuchlichen Beeinflussung des Aufenthalts im Sinn des § 2 Abs. 1 AsylbLG zugelassen.