Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 13. März 2006 sowie der Bescheid der Beklagten vom 2. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Oktober 2005 aufgehoben. Die Bescheide vom 29. Mai 2006 und 9. Februar 2007 werden aufgehoben.

Die Beklagte erstattet die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte zu Recht Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wegen fehlender Mitwirkung versagt hat.

Der am 1969 geborene Kläger und die am 1961 geborene Sabine K. (K.) mieteten zum 14. Februar 2002 gemeinsam eine Fünfeinhalbzimmerwohnung (130 m², EG, Kaltmiete 720,00 EUR zuzüglich 100,00 EUR Nebenkosten) in R ... In die Wohnung zogen zunächst auch die beiden Töchter von K. ein, die am 1984 geborene Tina und die am 1986 geborene Helen. Im Jahr 2004 mietete K. für ihre Töchter im Dachgeschoss des gleichen Hauses eine Dreizimmerwohnung an. Der Kläger und K. verblieben in der Erdgeschosswohnung.

Der Kläger ließ sich am 29. April 2005 ein Antragsformular für Leistungen nach dem SGB II aushändigen, welches am 14. Juni 2005 ausgefüllt bei der Beklagten einging. Der Kläger gab an, gemeinsam mit K. und deren Töchtern in einem Haushalt zu leben. Er führte ergänzend aus, bislang keine Anspruchsvoraussetzungen erkannt zu haben, daher werde der Antrag verspätet gestellt. Er lebe seit Februar 2002 mit seiner Freundin zusammen, die selbst erwerbstätig sei und eigenes Einkommen erhalte. Mit Schreiben vom 7. Juli 2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, zur Entscheidung über den Antrag seien noch Unterlagen vorzulegen, insbesondere auch betreffend K. Dem Kläger wurde Frist zur Mitwirkung bis 24. Juli 2005 gesetzt, die Versagung der Leistung wurde für den Fall der fehlenden Mitwirkung angekündigt. Der Kläger teilte daraufhin mit, dass seine Freundin nicht bereit sei, Auskunft über ihre Vermögensverhältnisse zu geben. Mit Bescheid vom 2. August 2005 versagte die Beklagte Leistungen nach dem SGB II ab 29. April 2005. Der Kläger habe trotz Belehrung über die Rechtsfolgen Unterlagen über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse von K. nicht vorgelegt. Dadurch sei er seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen und habe die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert. Falls der Kläger die Mitwirkung noch nachhole, werde geprüft, ob die Leistungen ganz oder teilweise nachgezahlt werden könnten.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit Widerspruch vom 11. August 2005, welchem er eine Zusatzerklärung von K. beilegte. Hierin führte diese aus, dass sie unterstützende Zahlungen an den Kläger ausschließlich in Form von Krediten geleistet habe und leisten werde. Sie sei mit ihm rein freundschaftlich liiert und betrachte diese Beziehung nicht als Verpflichtung, für seinen Lebensunterhalt aufzukommen. Vielmehr stünden die beiden in Ausbildung befindlichen Töchter im Vordergrund. Die Beklagte ließ durch ihren Außendienst einen unangemeldeten Hausbesuch durchführen. Laut Protokoll gab der Kläger bei dieser Gelegenheit an, mit K. in partnerschaftlicher Beziehung zu leben. Da diese vorrangig für ihre Kinder aufkomme, müsse er seinen Lebensunterhalt bestreiten. Eine gemeinsame Haushaltskasse sei nicht vorhanden. Er finanziere gemeinsame Versicherungen, dafür übernehme K. die Kosten für die Verpflegung. Im Erdgeschoss befänden sich Wohnzimmer, Esszimmer, Bügelzimmer, zwei Büroräume, Küche und Bad sowie ein gemeinsam genutztes Schlafzimmer. Der im Schlafzimmer vorhandene Kleiderschrank stehe ausschließlich dem Kläger zur Verfügung, K. nutze einen im Bügelzimmer aufgestellten Kleiderschrank. Im Dachgeschoss stünden den Töchtern von K. weitere Zimmer zur Verfügung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, nach § 60 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) habe derjenige, welcher Sozialleistungen beantrage oder erhalte, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich seien und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen. Der Kläger lebe mit K. in eheähnlicher Gemeinschaft. Die Beziehung bestehe seit Ende 2000, mithin seit fast fünf Jahren. Schon aus der Dauer der Beziehung sei auf das Bestehen einer Einstehensgemeinschaft zu schließen. Einkommen und Vermögen eines eheähnlichen Partners würden bei der Bedürftigkeitsprüfung im Rahmen der Leistungsgewährung nach dem SGB II gemäß § 9 Abs. 2 SGB II berücksichtigt. Hiermit korrespondierend bestehe daher gemäß § 60 Abs. 4 SGB II auch die Verpflichtung des Partners, hierüber Auskunft zu erteilen. Ohne Angaben über das Einkommen von K. und die Vorlage entsprechender Nachweise könne eine Bedürftigkeit nicht festgestellt werden. Die Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 SGB I seien erfüllt mit der Folge, dass dem Kläger zu Recht die Leistung versagt worden sei.

Hiergegen richtet sich die am 2. November 2005 zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobene Klage.

Zusätzlich stellte der Kläger am 28. Oktober 2005 beim SG Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes und begehrte die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Mit Beschluss vom 17. November 2005 lehnte das SG den Antrag ab (S 12 AS 3713/05 ER). Auf die Beschwerde des Klägers verpflichtete das Landessozialgericht (LSG) die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung, dem Kläger Arbeitslosengeld II (Alg II) in gesetzlicher Höhe ohne Anrechnung von Einkommen oder Vermögen der K. ab 28. Oktober 2005 vorläufig bis auf Weiteres, längstens bis zum 31. März 2006 zu gewähren (Beschluss vom 12. Januar 2006 – L 7 AS 5532/05 ER-B). Mit Bescheid vom 7. Februar 2006 führte die Beklagte diesen Beschluss aus.

Mit Urteil vom 13. März 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für die Versagung der Leistungen gemäß § 66 Abs. 1, 3 SGB I seien erfüllt. Das SG sei zu der Auffassung gelangt, dass zwischen dem Kläger und K. eine eheähnliche Lebensgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3b SGB II vorliege, sodass hier eine Verpflichtung zur Mitwirkung bestehe. Zwischen dem Kläger und K. bestünden ganz eindeutig Bindungen, die über das bloße gemeinsame Bewohnen einer Wohnung im Sinne einer Zweckgemeinschaft hinausgingen. Hierfür spreche bereits die Aufteilung der Wohnung (gemeinsames Schlafzimmer) sowie die gemeinsam durchgeführten Reisen. K. habe in der mündlichen Verhandlung vom Kläger als ihrem Freund gesprochen und der Kläger habe K. als seine Freundin angegeben und habe von einer "Patchworkfamilie" gesprochen. Das SG stütze seine Überzeugung, dass vorliegend eine eheähnliche Lebensgemeinschaft bestehe, ganz maßgeblich auf die durch die Dauer der Partnerschaft eingetretene Verfestigung und die Tatsache, dass vom Kläger eine Lebensversicherung sowie eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit Todesfallschutz abgeschlossen worden sei, in denen K. als Begünstigte eingetragen und mithin eine Verfestigung der Beziehung auch objektiv nach außen dokumentiert worden sei. Dass die Versicherungen zwischenzeitlich gekündigt worden seien, sei zur Beurteilung der inneren Bindung unerheblich, da hierfür ausschließlich die finanzielle Situation des Klägers ausschlaggebend gewesen sei. Nachdem der Kläger und K. nicht bereit seien, die geforderten Angaben zu machen, könne eine Bewilligung wegen der nicht geklärten Anspruchsvoraussetzungen nicht ausgesprochen werden. Somit stehe die Versagung, die gegenüber der endgültigen Ablehnung das mildere Mittel sei, auch nicht im Ermessen der Beklagten.

Der vom Kläger am 21. März 2006 gestellte Antrag auf Fortzahlung der Leistungen wurde von der Beklagten nach schriftlicher Anforderung von Unterlagen über Einkommen und Vermögen von K. mit Bescheid vom 29. Mai 2006 ab 1. April 2006 wegen fehlender Mitwirkung versagt.

Am 5. April 2006 hat der Kläger gegen das Urteil Berufung beim LSG eingelegt und zugleich erneut Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt. Mit Beschluss vom 1. Juni 2006 verpflichtete der Senat die Beklagte, dem Kläger Alg II in gesetzlicher Höhe ohne Anrechnung von Einkommen oder Vermögen der K. ab 5. April 2006 vorläufig bis auf Weiteres, längstens bis zum 30. September 2006 zu gewähren (L 7 AS 1704/06 ER). Die Beklagte gewährte dem Kläger daraufhin entsprechende Leistungen, zuletzt als Darlehen bis 31. Dezember 2006 (Bescheid vom 16. November 2006). Mit Schreiben vom 18. Januar 2007 forderte sie vom Kläger erneut die Vorlage von Unterlagen über Einkommen und Vermögen von K. an und wies auf die Folgen fehlender Mitwirkung hin. Mit Bescheid vom 9. Februar 2007 versagte die Beklagte wegen fehlender Mitwirkung erneut die Gewährung von Leistungen ab 1. Januar 2007.

Am 12. April 2007 stellte der Kläger wiederum Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beim SG Reutlingen, welchen dieses mit Beschluss vom 4. Mai 2007 wegen instanzieller Unzuständigkeit an das LSG verwies. Mit Beschluss vom 31. Mai 2007 lehnte der Senat den Antrag ab (L 7 AS 2485/07 ER).

Zur Begründung der Berufung trägt der Kläger im Wesentlichen vor, Voraussetzung für die Verpflichtung zur Bekanntgabe von Informationen über Vermögen und Einkommen von K. sei, dass der Kläger mit K. in eheähnlicher Lebensgemeinschaft lebe. Dies sei nicht der Fall, weil es an der erforderlichen Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft fehle. K. habe sich mehrfach und eindeutig geäußert, dass sie nicht bereit sei, den Kläger zu unterstützen. Nach der Scheidung von ihrem früheren Mann habe für sie festgestanden, dass es für sie weder eine finanzielle Abhängigkeit, noch eine emotionale Bindung mehr zu einem Mann geben werde. Sie habe in der mündlichen Verhandlung vor dem SG eindeutig, bestimmt und glaubhaft erklärt, dass der gemeinsame Haushalt aufgelöst werde, wenn der Kläger keine Leistungen erhalte. Damit liege keine Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft vor, da in einer Notsituation wie der vorliegenden K. nicht für den Kläger einstehe. Weitere Anhaltspunkte ergäben sich daraus, dass K. dem Kläger keine Informationen über ihr Vermögen zukommen lasse. Bisher gewährte Darlehen müsse der Kläger an K. zurückzahlen. Der Kläger leiste regelmäßig monatliche Zahlungen auf das Konto von K. Diese Zahlungen seien kurzfristig eingestellt worden, weil die Beklagte die Leistungen verweigere. Es sei regelmäßig der Mietanteil abgerechnet worden, zudem ein nicht genau bestimmter Anteil, mit dem Dienstleistungen im Haushalt und zusätzliche Kosten abgedeckt würden. Sowohl die Mietzahlung als auch die Zahlung für Haushaltsleistungen seien eindeutig Indizien für getrenntes Wirtschaften. Es entspreche der Lebenserfahrung, dass eine Abrechnung nicht immer mit genauer Rechnungslegung erfolge, sondern nach ungefährer Einschätzung. Indiz für das Bestehen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft könne nur sein, dass Kosten ohne Ansehung der Verursachung oder ohne Zweckbestimmung von einem allein getragen werden, weil sich nur hierin der Wille manifestiere, für den anderen einzustehen. Eine Zweckbestimmung der Zahlungen als Ausgleich widerspreche dem eindeutig. Die Versicherungen, in die K. vom Kläger miteinbezogen worden sei, seien inzwischen gekündigt worden. Der Kläger sei Versicherungsmakler gewesen und habe dadurch erhebliche Vorteile beim Bezug von Versicherungen gehabt. K. habe keine Versicherung auf sich abgeschlossen, die den Kläger mit betreffe. Eine lediglich einseitige Handlung reiche noch nicht aus, um das gegenseitige Einstehen in den Wechselfällen des Lebens anzunehmen. Anhand der Indizien und Umstände sei festzustellen, dass keine hinreichend verfestigte innere Bindung vorliege, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner für einander begründe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 13. März 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Oktober 2005, den Bescheid vom 29. Mai 2006 und den Bescheid vom 9. Februar 2007 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Klage wegen der Bescheide vom 29. Mai 2006 und 9. Februar 2007 abzuweisen.

Die Voraussetzungen einer Versagung nach § 66 Abs. 1 SGB I seien erfüllt. Der Kläger habe keinerlei Angaben über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse seiner Partnerin gemacht; zumindest ungefähre Angaben könnten jedoch von ihm gefordert werden (unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988 - 7 RAr 70/87; BVerwG, Urteil vom 17. Mai 1995 - 5 C 16/93). Es erscheine nicht glaubhaft, dass der Kläger die erforderlichen Angaben von seiner Lebensgefährtin tatsächlich nicht erhalten könne, vielmehr wollten K. und der Kläger keine entsprechende Auskunft erteilen, um eine Anrechnung des Einkommens und Vermögens zu verhindern. Maßgebliche Kriterien für das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft sei die Ernsthaftigkeit einer Beziehung, insbesondere deren Dauerhaftigkeit und Kontinuität. Zur Beurteilung des inneren Bindungswillens könne einzig auf äußere Tatsachen abgestellt werden und darauf, ob ein gegenseitiges Einstehen erwartet werden könne. Darauf, ob K. Unterhaltsleistungen erbringen wolle, komme es überhaupt nicht an (unter Hinweis auf LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 28. Oktober 2005 - L 8 AS 3783/05 ER-B -). Es müsse durchaus von der emotionalen Bindungsfähigkeit von K. gegenüber dem Kläger ausgegangen werden, wenn sie sich trotz negativer Erfahrungen aus ihrer Ehe dazu entschließe, eine Beziehung zu diesem aufzunehmen und mit ihm mittlerweile über vier Jahre hinweg Tisch und Bett zu teilen. Insbesondere habe sich K. im Jahr 2002 dazu entschlossen, mit dem Kläger und ihren Töchtern zusammenzuleben und dokumentiere dadurch, dass sie ihn damals sogar in ihre Familie habe integrieren wollen. K. gewähre dem Kläger jedenfalls Kost und Logis, zumindest auf Basis eines Privatdarlehens. Der Kläger habe für sich und K. eine Haftpflicht- und Rechtsschutzversicherung abgeschlossen. Bei seiner Berufsunfähigkeitsversicherung bei der N.L. AG habe er als Bezugsberechtigte für den Todesfall seine "Ehegattin bzw. Sabine K. " angegeben, auch bei seiner Lebensversicherung bei der Z. AG sei K. Bezugsberechtigte. Dies dokumentiere nachhaltig die Bereitschaft des Klägers, für K. sogar über den Tod hinaus einzustehen. Ob K. ihrerseits den Kläger in einer Versicherung bedenke, sei unerheblich, denn entscheidend sei das Gesamtbild der Beziehung, deren innere Tiefe gerade auch durch eine solche zukunftsorientierte Entscheidung zugunsten des Partners deutlich werde. Die Kündigung der Versicherungen sei einzig aufgrund finanzieller Probleme erfolgt und stehe damit der Annahme einer Einstehensgemeinschaft in keiner Weise entgegen. Weitere Indizien für das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft seien: Der Kläger und K. hätten eine, auch sexuelle, Beziehung nicht in Abrede gestellt. Sie erledigten Einkäufe gemeinsam und verbrächten ihre Freizeit zusammen. Sowohl das Fehlen gemeinsamer Vermögenswerte als auch gemeinsamer Konten sei kein taugliches Indiz gegen das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft. Insbesondere wenn die Partner jeweils einer Erwerbstätigkeit nachgingen, sei es auch in einer Ehe selbstverständlich, dass jeder das selbst verdiente Geld teilweise für sich selbst verwende und gemeinsam eingegangene Verbindlichkeiten wie Mietzahlungen auch gemeinsam, gegebenenfalls anteilig nach Verdiensthöhe, bezahlt würden. K. habe, als der Kläger kein Einkommen aus Arbeitslosengeld mehr gehabt habe, die Mietkosten allein übernommen. Der Kläger und seine Partnerin stellten mit der Handhabung ihrer Finanzen insoweit, verglichen mit Ehepaaren, keine Ausnahme dar, die den Schluss auf eine tatsächliche persönliche und wirtschaftliche Trennung zuließe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Akten des SG Reutlingen und die Akten des LSG Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers und seine Klage gegen die Bescheide vom 29. Mai 2006 und 9. Februar 2007 haben Erfolg.

Streitgegenstand ist allein die im Wege der Anfechtungsklage begehrte Aufhebung der auf § 66 Abs. 1 SGB I gestützten Versagungsbescheide vom 2. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Oktober 2005 sowie vom 29. Mai 2006 und vom 9. Februar 2007. Die Rechtmäßigkeit eines auf § 66 SGB I gestützten Bescheides richtet sich allein danach, ob die dort normierten Tatbestandsmerkmale der mangelnden Mitwirkung gegeben sind und zwar unabhängig davon, ob die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Leistung vorliegen. Ein Anspruch auf Leistungen ist in einem solchen Fall in der Hauptsache nicht direkt durch eine Klage zu erstreiten. Diese wäre vielmehr unzulässig, solange der auf § 66 SGB I gestützte Ablehnungsbescheid Wirksamkeit entfaltet. Vorab muss daher erst dieser Bescheid mit Hilfe einer Anfechtungsklage beseitigt werden (vgl. BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988 - 7 RAr 70/87 - SozR 1200 § 66 Nr. 13). Die Bescheide vom 29. Mai 2006 und 9. Februar 2007 sind dabei in entsprechender Anwendung von § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Im Falle einer Versagung der Leistung gemäß § 66 SGB I wirkt diese Entscheidung fort bis zu dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene seine Mitwirkung nachholt (vgl. § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I). Dies ist bisher nicht geschehen, sodass der erste Versagungsbescheid fortwirkt und durch die weiteren Versagungen mit Wirkung ab 1. April 2006 bzw. 1. Januar 2007 ersetzt wurde.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil die Berufung wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Berufung ist auch begründet. Die angefochtenen Bescheide sind wegen Ermessensnichtgebrauchs rechtswidrig und daher aufzuheben.

Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide ist § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I. Nach dieser Vorschrift kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistungen nicht nachgewiesen sind, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird. Die Beklagte hat den Kläger jeweils vor Erlass der Versagensbescheide nach § 66 Abs. 3 SGB I auf seine Mitwirkungspflichten unter Fristsetzung und unter Hinweis auf die Folgen der mangelnden Mitwirkung schriftlich hingewiesen. Der Umfang der hier streitigen Mitwirkungspflicht ergibt sich aus § 60 Abs. 1 Nr. 1 SGB I. Danach hat, wer Sozialleistungen beantragt, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind. Bei einem Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II sind leistungserheblich auch das Einkommen und Vermögen einer Person, mit der der Antragsteller in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebt, denn gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II ist zur Feststellung der Bedürftigkeit bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen oder Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3b SGB II in der bis 31. Juli 2006 geltenden Fassung (Gesetz vom 30. Juli 2004 - BGBl. I S. 2014) gehört zur Bedarfsgemeinschaft neben dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen als Partner die Person, die mit dem Hilfebedürftigen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt. Darlegungs- und beweispflichtig ist hierfür der Leistungsträger (Beschluss des Senats vom 31. Januar 2006 - L 7 AS 108/06 ER-B -, NJW 2006, 2349 und Urteil des Senats vom 21. September 2006 - L 7 SO 5441/05 -, FEVS 58, 234 und LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26. Juni 2006 - L 9 AS 292/06 ER -; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22. April 2005 - L 2 B 9/05 AS ER - (beide juris)). Durch das zum 1. August 2006 in Kraft getretene Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 - BGBl. I S. 1706) ist der Begriff der Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs. 3 SGB II) teilweise neu gefasst worden. Danach gehört zur Bedarfsgemeinschaft als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen auch eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen (Nr. 3c). Dass die Neufassung des § 7 Abs. 3 Nr. 3 c SGB II n. F. - im Gegensatz zur früheren Fassung - den Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft nicht mehr explizit erwähnt, erfolgte ausweislich der Gesetzesmaterialien deswegen, weil hierdurch auch die Zuordnung von zwei in einer nicht eingetragenen gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebenden Personen zu einer Bedarfsgemeinschaft ermöglicht werden sollte (vgl. BT-Drucks. 16/1410, S. 19). Für den Hilfebedürftigen besteht nur eine Verpflichtung zu solchen Angaben, die ihm selbst bekannt sind und von ihm auch zu leisten sind. Bei Verweigerung der Mitwirkung des Partners kann daher von dem Hilfebedürftigen die Vorlage von Unterlagen nicht gefordert werden, wohl aber ungefähre Angaben (vgl. BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988, a.a.O.). Daneben besteht gemäß § 60 Abs. 4 SGB II die Verpflichtung des Partners, der Beklagten Auskunft über sein Einkommen und Vermögen zu erteilen.

Ob vorliegend tatsächlich eine eheähnliche Gemeinschaft i.S.v. § 7 Abs. 3 Nr. 3b SGB II a.F. bzw. eine Verantwortungsgemeinschaft i.S.v. § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II n.F. besteht, kann hier offen bleiben, denn die Bescheide sind schon aus formellen Gründen rechtswidrig und damit aufzuheben. Selbst wenn das Vorhandensein der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Versagung nach § 66 Abs. 1 SGB I unterstellt wird, fehlt es an einer Ermessensausübung der Beklagten.

Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I "kann" der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen. Das Gesetz räumt den Verwaltungsträgern einen Entscheidungsspielraum ein, den die Gerichte zu beachten haben. Gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG dürfen sie nur prüfen, ob die Verwaltung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat, ob sie also die ihr durch das Verwaltungsverfahrensrecht (vgl. § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I) auferlegte Verhaltenspflicht beachtet haben, ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Die gerichtliche Überprüfung beschränkt sich darauf, ob der Leistungsträger seiner Pflicht zur Ermessensbetätigung nachgekommen ist (falls nein: Ermessensnichtgebrauch), ob er mit dem Ergebnis seiner Ermessensbetätigung, der Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten, d.h. eine nach dem Gesetz nicht zugelassene Rechtsfolge gesetzt (Ermessensüberschreitung) und ob er von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (Abwägungsdefizit, Ermessensmißbrauch; zum Vorstehenden: BSG, Urteil vom 14. Dezember 1994 – 4 RA 42/94 – SozR 3-1200 § 39 Nr. 1 und Urteil vom 25. Januar 1994 – 4 RA 16/92 - SozR 3-1300 § 50 Nr. 16, jeweils m.w.N.). Die Ermessenserwägungen sind dem Betroffenen im Bescheid im Einzelnen darzulegen. Die Begründung muss ersehen lassen, welche Gesichtspunkte die Beklagte bei der Ausübung des Ermessens berücksichtigt und wie sie diese gewichtet hat (Engelmann in von Wulffen, SGB X, 5. Aufl., § 35 Rdnr. 6). Konkret erstreckt sich das Ermessen bei der Versagung darauf, ob der Leistungsträger überhaupt von der Möglichkeit der Versagung Gebrauch macht (also auch, ob er die Leistung gleichwohl gewährt oder belässt; vgl. BSG, Urteil vom 26. Mai 1983 – 10 RKg 13/82 – SozR 1200 § 66 Nr. 10), in welchem Umfang weitere Ermittlungen angestellt werden sollen (es sei denn, die leistungserheblichen Tatsachen sind von Amts wegen schlechterdings nicht ermittelbar), ob eine Nachfrist eingeräumt wird und ob die Leistung befristet oder ohne Fristbestimmung ganz oder teilweise entzogen wird (vgl. Trenk-Hinterberger in Giese/Krahmer, Kommentar SGB I-X, 2. Aufl., § 66 SGB I Rdnr. 17).

Die angefochtenen Bescheide enthalten keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte sich überhaupt bewusst war, dass sie vorliegend eine Ermessensentscheidung zu treffen hatte. Entsprechende Erwägungen werden in keinem der angefochtenen Bescheide mitgeteilt. Damit liegt ein Fall des Ermessensnichtgebrauchs vor. Die Versagungen wären daher nur dann rechtmäßig, wenn eine Ermessensreduzierung auf nur eine mögliche Entscheidung (oft missverständlich als Ermessensreduzierung auf Null bezeichnet) vorläge, eine andere als die von der Beklagten getroffene Entscheidung also nicht in Betracht käme. Dies ist nach Auffassung des Senats hier nicht der Fall (für eine solche Ermessensreduzierung bei vergleichbarem Sachverhalt: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. Juli 2006 – L 19 B 477/06 AS ER - (juris), ohne jedoch auf die Frage weiterer Ermittlungsmöglichkeiten von Amts wegen einzugehen). Insbesondere besteht die Möglichkeit der Beklagten, eigene Ermittlungen durchzuführen, indem Auskunft von K. über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse verlangt wird. Partner eines Hilfebedürftigen i.S.v. § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II sind verpflichtet, dem Leistungsträger Auskünfte über ihr Einkommen und Vermögen zu erteilen (§ 60 Abs. 4 SGB II). Liegen - wie hier - erhebliche Indizien dafür vor, dass eine eheähnliche Gemeinschaft bzw. Verantwortungsgemeinschaft besteht, kann der Leistungsträger einen Auskunftsanspruch geltend machen. Dies kann ohne weiteres mittels Verwaltungsakt erfolgen, welcher für vorläufig vollziehbar erklärt und ggf. mit den Mitteln des Verwaltungszwangs durchgesetzt werden kann (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 20. April 2007 - L 13 AS 40/07 ER - (juris)). Darüber hinaus ist die Auskunftspflicht auch bußgeldbewehrt (§ 63 SGB II) und ein Auskunftspflichtiger, welcher vorsätzlich oder fahrlässig die Auskunft nicht, nicht richtig oder nicht vollständig erteilt, macht sich zudem schadenersatzpflichtig (§ 62 Nr. 2 SGB II). Im übrigen ist zu berücksichtigen, dass auch dann, wenn ein nach § 60 SGB II Auskunftspflichtiger keine, verspätete oder falsche Angaben macht, Leistungen erbracht werden können (Schoch in LPK-SGB II, 2. Aufl., § 60 Rdnr. 34). Der hier vertretenen Auffassung steht die vom SG herangezogene Literaturstelle (Seewald in Kasseler Kommentar, Stand März 2007, SGB I, § 66 Rdnr. 24) nicht entgegen, denn auch dort steht die Schlussfolgerung, dass nicht geleistet werden dürfe, wenn die Anspruchsvoraussetzungen nicht bewiesen seien, die Versagung somit nicht im Ermessen des Leistungsträgers stehe, unter der Prämisse, dass die Sachverhaltsaufklärung vom Leistungsträger ermessensfehlerfrei nicht betrieben worden oder überhaupt nicht möglich ist. Genau dies ist hier jedoch nicht der Fall.

Zur Klarstellung wird nochmals darauf hingewiesen, dass es dem Senat nicht zusteht, sein Ermessen anstelle desjenigen der Verwaltung zu setzen. Ob und in welchem Umfang hier weitere Ermittlungen von Amts wegen durchzuführen sind, hat daher die Beklagte im Einzelfall im Wege des ihr zustehenden Ermessens zu entscheiden. Lediglich vorsorglich wird angemerkt, dass es zweifelhaft sein dürfte, Versagungsbescheide über einen Leistungszeitraum von inzwischen mehr als zwei Jahren zu erlassen, mit der Folge, dass letztlich unter Umständen rückwirkend über einen derart langen Zeitraum noch offene Ansprüche geklärt werden müssen. Im konkreten Rechtsstreit war dagegen ausschließlich entscheidend, dass andere rechtmäßige Entscheidungen denkbar sind und daher keine Ermessensreduzierung auf Null eingetreten ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.