Leitsatz
Hat der Versicherungsträger in einem Verfahren nach § 45 SGB X erkannt, dass er Ermessen auszuüben hatte, kann die Mitteilung der Ermessenserwägungen im Gerichtsverfahren nachgeholt werden (§ 41 Abs. 2 iVm Abs. 1 Nr. 2 SGB X), ohne dass es insoweit eines gesonderten Verfahrens bedarf.
vorgehend SG Speyer 11.10.2007 S 8 LW 2/07

Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 11.10.2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand
Umstritten ist die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts, mit dem die Beklagte die Feststellung von Versicherungszeiten zurückgenommen hat.
Die 1943 geborene Klägerin war vom 21.5.1976 bis zum 14.12.1994 mit dem 1940 geborenen Versicherten H. J. R. verheiratet. Sie bezieht seit dem 1.10.2003 eine Altersrente für Frauen von der Deutschen Rentenversicherung Bund. In einer Erklärung vom 20.2.2005 gab sie der Beklagten an, die Ehe sei am 14.12.1994 geschieden worden. Das Amtsgericht (AG) Landau hatte der Beklagten am 7.2.1995 unter dem Betreff "Versorgungsausgleich" mitgeteilt, die „Entscheidung vom 14.12.1994“ sei seit dem 31.1.1995 rechtskräftig.
Die Beklagte ging davon aus, das vom AG mitgeteilte Datum betreffe die Rechtskraft des Scheidungsurteils, und stellte mit Bescheid vom 28.2.2005 fest, dass gemäß § 92 Abs 1 Satz 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) in der Fassung vom 31.12.1994 Beiträge für den Zeitraum vom 1.5.1976 bis zum 31.1.1993 (201 Monate) als entrichtet gälten. In einer Rentenauskunft vom 5.4.2005 nannte sie der Klägerin einen ab dem 1.10.2008 zu erwartenden monatlichen Rentenzahlbetrag von 201,92 €. Nachdem auf Antrag der Beklagten die Regelung des Versorgungsausgleichs in einem Verfahren nach § 10a des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich zu Ungunsten der Klägerin geändert worden war (Beschluss des AG Landau vom 7.10.2005), gab diese anlässlich einer persönlichen Vorsprache bei der Beklagten am 16.1.2006 erneut an, die Ehe sei am 14.12.1994 geschieden worden. Das AG Landau teilte der Beklagten auf Anfrage am 23.1.2006 mit, sein Urteil vom 14.12.1994 sei in Bezug auf die Scheidung seit diesem Tag rechtskräftig; lediglich hinsichtlich des Versorgungsausgleichs sei die Rechtskraft erst am 31.1.1995 eingetreten.
Im Rahmen einer von der Beklagten eingeleiteten Anhörung erklärte die Klägerin der Beklagten im Mai 2006 auf deren Frage, ob sie im Hinblick auf die zu erwartende landwirtschaftliche Altersrente bereits Vermögensdispositionen getroffen habe, sie habe vor, die Sanitäranlagen ihrer Wohnung einem altersgerechten Umbau zu unterziehen; bei einem Wegfall der landwirtschaftlichen Altersrente sei die Finanzierung dieses Vorhabens in hohem Maße konkret gefährdet.
Durch Bescheid vom 25.7.2006 und Widerspruchsbescheid vom 19.12.2006 nahm die Beklagte den Bescheid vom 28.2.2005 nach § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurück. Zur Begründung führte sie ua aus: Nach § 92 Abs 1 ALG hätten in der Zeit vom 1.10.1957 bis zum 31.12.1994 Beitragszeiten eines Landwirts als Beitragszeiten des Ehegatten gegolten, wenn die Ehe am 31.12.1994 noch bestanden hätte. Dies sei aber nicht der Fall, da die Ehe bereits am 14.12.1994 rechtskräftig geschieden worden sei. Das Vertrauen der Klägerin auf den Bescheid vom 28.2.2005 sei nicht schutzwürdig. Die Klägerin habe weder aufgrund dieses Bescheides Leistungen erhalten noch im Vertrauen auf diesen Vermögensdispositionen getroffen. Die Absicht, Sanitäranlagen zu renovieren, sei eine bloße, auf die Zukunft gerichtete Erwartung und noch keine Disposition über Vermögen. Im Widerspruchsbescheid hieß es ua, nach Auffassung des Widerspruchsausschusses sei das Ermessen fehlerfrei ausgeübt worden.
Am 11.1.2007 hat die Klägerin Klage erhoben und ua vorgetragen, im vorliegenden Zusammenhang könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass sie im Zeitraum vom 1.5.1976 bis zum 31.1.1993 umfangreich im landwirtschaftlichen Betrieb ihres geschiedenen Ehemannes tätig gewesen sei. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 11.10.2007 hat der Kammervorsitzende des Sozialgerichts (SG) die Bevollmächtigte der Beklagten darauf hingewiesen, dass der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides keine Ermessenserwägungen enthalte. Die Terminsbevollmächtigte der Beklagten hat daraufhin zu Protokoll erklärt: Sie könne die Ermessenserwägungen noch bis zum Ende der Tatsacheninstanz nachschieben, was sie hiermit tue. Aufgrund der Auskunft des AG vom 7.2.1995 habe sie, die Beklagte, keinen Anhaltspunkt zur Annahme gehabt, die Rechtskraft des Scheidungsurteils sei bereits im Jahre 1994 eingetreten. Zur Begründung der Ermessensentscheidung könne auf die Abwägungen zum Vertrauensschutz Bezug genommen werden. Bei der auch im Rahmen der Ermessensausübung vorzunehmenden Abwägung sei dem Interesse der Versichertengemeinschaft gegenüber dem Interesse der Klägerin der Vorzug zu geben.
Durch Urteil vom 11.10.2007 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Bescheides vom 28.2.2005 nach § 45 SGB X seien erfüllt. Dieser sei rechtswidrig, weil der Klägerin die Beitragszeiten ihres Ehemanns wegen der vor dem 1.1.1995 rechtskräftig gewordenen Scheidung nicht gemäß § 92 Abs 1 ALG als eigene Beitragszeiten zugerechnet werden könnten. Zu Recht habe die Beklagte ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin verneint. Die bloße Absicht, nach einer Rentenbewilligung bauliche Renovierungen vorzunehmen, stelle keine Vermögensdisposition iSd § 45 Abs 2 Satz 2 SGB X dar. Weitere Gründe für ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin seien nicht erkennbar. Der Umstand, dass diese während der Ehezeit im landwirtschaftlichen Betrieb ihres Ehemanns mitgearbeitet habe, reiche insoweit nicht aus. In Fällen wie dem vorliegenden überwiege stets das öffentliche Interesse an der Herstellung der „wahren Rechtslage“ (Hinweis auf BSG SozSich 1978, 133). Die Beklagte habe die erforderlichen Ermessenserwägungen im Termin zur mündlichen Verhandlung in zulässiger Weise nachgeschoben (§ 41 Abs 1 Nr 2, Abs 2 SGB X). Das Unterlassen einer Nachfrage beim AG vor dem Erlass des Bescheides vom 28.2.2005, ob das Schreiben vom 7.2.1995 nicht nur die Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich, sondern auch diejenige hinsichtlich der Scheidung betroffen habe, begründe kein besonders grobes Verschulden der Beklagten.
Gegen dieses ihr am 20.11.2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 20.12.2007 eingelegte Berufung der Klägerin, die vorträgt: Das SG habe zu Unrecht ein schutzwürdiges Vertrauen iSd § 45 Abs 2 Satz 1 SGB X verneint. Wenngleich vorliegend ein Verbrauch von Leistungen noch nicht habe erfolgen können, müssten dem Vertrauensschutz auch solche Leistungen unterfallen, bei deren Wegfall bedeutsame künftige Vermögensdispositionen nicht mehr erfolgen könnten oder zumindest erheblich gefährdet seien. Die Beklagte hätte im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung berücksichtigen müssen, dass sie im Rahmen des Versorgungsausgleichsverfahrens im Jahre 1994 einen Hinweis auf den Vorteil der Rechtskraft des Scheidungsurteils erst nach dem 31.12.1994 unterlassen hatte.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG Speyer vom 11.10.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die beigezogene Akte betreffend den geschiedenen Ehemann der Klägerin sowie die Prozessakte verwiesen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe
Die nach §§ 143 f., 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der angefochtene Rücknahmebescheid der Beklagten ist rechtmäßig. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die zutreffenden Gründe des erstinstanzlichen Urteils (§ 153 Abs 2 SGG).
Das Berufungsvorbringen der Klägerin rechtfertigt keine andere Entscheidung. Insbesondere kann sie sich nicht auf Vertrauensschutz wegen getroffener Vermögensdispositionen berufen. Nach § 45 Abs 2 Satz 2 SGB X ist das Vertrauen in den Bestand eines Verwaltungsakts in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Die Klägerin hat bisher überhaupt keine Leistungen aufgrund des Bescheides vom 28.2.2005 erhalten. Hinsichtlich der mit dem aufgehobenen Bescheid in Aussicht gestellten Leistungen hat sie auch noch keine Vermögensdispositionen getroffen, die sie nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen könnte. Allein der Plan, mit den in Aussicht gestellten Rentenzahlungen Umbauten in ihrer Wohnung vorzunehmen, stellt noch keine Disposition über Vermögen dar. Als sie von der Beklagten über die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 28.2.2005 informiert wurde, hatte die Klägerin weder mit der konkreten Planung des Umbaus begonnen noch insoweit bereits finanzielle Verpflichtungen übernommen.
Die Rücknahmeentscheidung der Beklagten ist auch nicht wegen einer fehlerhaften Ermessensentscheidung aufzuheben. Die Beklagte hat im angefochtenen Widerspruchsbescheid ausgeführt, das Ermessen sei fehlerfrei ausgeübt worden. Daraus ergibt sich, dass sie zumindest bei Erlass des Widerspruchsbescheides erkannt hat, dass ihr bei der Entscheidung über die Rücknahme Ermessen zukam. Zwar enthält weder der Bescheid vom 25.7.2006 noch der Widerspruchsbescheid vom 19.12.2006 die Ermessenserwägungen, von denen die Beklagte ausgegangen ist. Diese hat deren Mitteilung aber zulässigerweise während des Gerichtsverfahrens nachgeholt (§ 41 Abs 1 Nr 2 iVm Abs 2 SGB X).
Ob bei Ermessensentscheidungen ein Nachholen bzw Nachschieben (zur Terminologie vgl Littmann in Hauck/Noftz, SGB X, K § 41 Rn 9) von Gründen ausgeschlossen ist, wenn die Verwaltung im angefochtenen Bescheid von einer gebundenen Entscheidung ausgegangen ist oder ihr Ermessen fehlerhaft betätigt hat (vgl Schütze in von Wulffen, SGB X, 6. Auflage, § 41 Rn 11), bedarf keiner Entscheidung. Anders als in solchen Fällen handelt es sich vorliegend nicht um einen Mangel der Ermessensbetätigung, sondern um einen solchen der Mitteilung der Ermessensbegründung, die heilbar ist (Schütze aaO; Steinwedel in Kasseler Kommentar, § 41 SGB X Rn 25; im Ergebnis ebenso LSG Thüringen 3.11.2005 - L 3 AL 108/04). Es entspricht dem Zweck des § 41 Abs 2 SGB X, der Verfahrensbeschleunigung (vgl BT-Drucks 14/4375 S 58, 63), in solchen Fällen eine Nachholung der bei Erlass des Bescheides und Widerspruchsbescheides maßgebenden Gründe während des Gerichtsverfahrens zuzulassen (zur Unzulässigkeit des Nachschiebens von der Verwaltung im Zeitpunkt der Bescheiderteilung noch nicht bekannten Tatsachen vgl Littmann aaO mit Hinweis auf BVerwG NVwZ 1987, 890; hierzu vgl auch BVerwG 15.11.2007 - 1 C 45/06 Rn 21). Ein Nichtgebrauch des Ermessens durch die Verwaltung (vgl dazu LSG Rheinland-Pfalz 19.10.2006 - L 5 ER 189/06 KR, juris Rn 14) oder ein sonstiger materiell-rechtlicher Fehler der Ermessensbetätigung, der eine Korrektur im Gerichtsverfahren ausschließen könnte (vgl LSG Rheinland-Pfalz 30.4.2002 - L 6 RA 82/00 juris Rn 34; LSG Rheinland-Pfalz 31.5.2005 - L 2 U 10/04 juris Rn 50), liegt bei einer solchen Sachlage nicht vor.
Die Nachholung der Mitteilung der Begründung der Ermessensentscheidung durfte in der Form erfolgen, dass die Sitzungsvertreterin der Beklagten vor dem SG eine entsprechende Erklärung zu Protokoll gab. Der Durchführung eines gesonderten Verwaltungsverfahrens zur Korrektur der Ermessensentscheidung (vgl zur Anhörung BSG 6.4.2006 - B 7a AL 64/05 R) bedurfte es insoweit nicht. Die Nachholung der Mitteilung der Begründung unterscheidet sich wesentlich von der Nachholung der Anhörung, weil es bei ihr lediglich um die Information über die Gründe einer bereits getroffenen Entscheidung geht.
Die - nachträglich während des Klageverfahrens mitgeteilten - Ermessenserwägungen der Beklagten sind rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte durfte Gesichtspunkte, die im Rahmen der Abwägung des Vertrauensschutzes (§ 45 Abs 2 Satz 2 SGB X) von Bedeutung sind, auch bei der Ermessensausübung heranziehen (Schütze aaO, § 45 Rn 89). Sie musste den Umstand, dass es durch einen Bearbeitungsfehler eines ihrer Mitarbeiter zu dem fehlerhaften Bescheid vom 28.2.2005 gekommen war, nicht bei ihrer Ermessensbetätigung berücksichtigen. Anders wäre die Rechtslage nur, wenn der Beklagten ein grober Verwaltungsfehler zur Last gefallen wäre (Vogelgesang in Hauck/Noftz, SGB X, K § 45 Rn 25 mwN). Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall. Zwar hat der zuständige Mitarbeiter der Beklagten, indem er den Bescheid vom 28.2.2005 veranlasste, ohne sich zuvor beim AG über den Zeitpunkt der Rechtskraft des Scheidungsurteils zu vergewissern, fahrlässig gehandelt. Grobe Fahrlässigkeit kann ihm aber nicht vorgeworfen werden. Diese liegt vor, wenn der Betroffene die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (vgl die Legaldefinition in § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 SGB X). Gegen grobe Fahrlässigkeit spricht, dass der zuständige Mitarbeiter der Beklagten aus der formularmäßigen Auskunft des AG vom 7.2.1995 nicht ohne weiteres erkennen konnte, dass sich die Auskunft allein auf die Entscheidung zum Versorgungsausgleich, nicht aber auf das Scheidungsurteil bezog, auch wenn das Schreiben des AG den Betreff „Versorgungsausgleich“ enthielt. Zudem handelte es sich im Zuständigkeitsbereich der Beklagten um den einzigen Fall, in dem sich ein im Verhältnis zum Versorgungsausgleich unterschiedlicher Zeitpunkt der Rechtskraft des Scheidungsurteils auf eine Entscheidung über die Voraussetzungen des § 92 ALG auswirkte (Angabe der Sitzungsvertreterin der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat). Bei dieser Sachlage kann dem für die Vorbereitung des Bescheides vom 28.2.2005 zuständigen Mitarbeiter der Beklagten keine grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden. Die einfache Fahrlässigkeit des Mitarbeiters musste die Beklagte bei ihren Ermessenserwägungen nicht berücksichtigen. Dem Umstand, dass sich die Klägerin in keiner Weise falsch verhalten und jederzeit wahrheitsgemäße Angaben gemacht hat, hat die Beklagte im Übrigen bei ihrer Ermessensentscheidung Rechnung getragen (vgl die Erklärung der Sitzungsvertreterin der Beklagten vor dem SG).
Die Ermessenserwägungen der Beklagten sind entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht deshalb fehlerhaft, weil die Beklagte den Umstand nicht einbezogen hat, dass sie die Klägerin im Rahmen des Versorgungsausgleichsverfahrens im Jahre 1994 nicht auf mögliche Vorteile des Eintritts der Rechtskraft des Scheidungsurteils erst nach dem 31.12.1994 hingewiesen hatte. Ungeachtet dessen, ob die Beklagte im Zeitpunkt ihrer Mitwirkung im Versorgungsausgleichsverfahren vor der Scheidung nach dem seinerzeitigen Stand des Gesetzgebungsverfahrens des ALG damit rechnen musste, dass es zu der Regelung in § 92 ALG kommen konnte, war sie zu einer solchen Information nicht verpflichtet. Im Rahmen ihrer Beteiligung im Versorgungsausgleichsverfahren waren für sie zukünftige Auswirkungen des Zeitpunkts der Rechtskraft des Scheidungsurteils ohne Bedeutung. Den Versicherungsträger trifft keine allgemeine und ständige Pflicht, Betroffene außerhalb eines laufenden Verwaltungsverfahrens auf mögliche Gestaltungsvorteile privatrechtlicher Handlungen in Bezug auf künftige Sozialleistungsansprüche hinzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision wird zugelassen (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Denn die Frage, ob die Nachholung der Begründung im Falle der Mitteilung von Ermessenserwägungen während des Gerichtsverfahrens nach § 41 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 2 SGB X zulässig ist, ist von grundsätzlicher Bedeutung.